Am Finanzmarkt gibt es mittlerweile anscheinend nichts, was es nicht gibt. Mit einer Spekulation auf Kryptowährungen können Kunden im besten Fall innerhalb weniger Wochen mehr als 100 Prozent Rendite erzielen, für manche Tages- oder Festgeldanlagen erhalten die Anleger hingegen nicht einmal mehr 0,3 Prozent Zinsen. Auf der anderen Seite existieren aber auch sehr vorteilhafte Angebote für Kunden, wie zum Beispiel Darlehen mit Minuszinsen.
Dieses Phänomen ist definitiv auf die Niedrigzinssituation zurückzuführen, die unter anderem dadurch geprägt ist, dass sich sowohl die Anlage- als auch die Kreditzinsen auf einem äußerst geringen Niveau befinden. Wir möchten uns in diesem Beitrag explizit mit Krediten beschäftigen, bei denen die Bank keine Zinsen einfordert, sondern stattdessen Minuszinsen gutschreibt.
Minuszinsen – Kredite ad absurdum geführt?
Die eigentliche Intention bei der Kreditvergabe besteht seitens der Bank selbstverständlich darin, dass dadurch Erträge in Form der Kreditzinsen erzielt werden sollen, die vom Kreditnehmer gezahlt werden. Auf dieser Grundlage funktioniert ein großer Teil des gesamten Banksystems, denn während für Kapitalanlagen Zinsen an die Anleger gezahlt werden, nehmen Banken auf der anderen Seite durch den Verleih dieses Geldes ihrerseits Zinsen ein. Im Normalfall sollte sich daraus natürlich eine positive Differenz ergeben, das bedeutet, dass der Anleger weniger Zinsen erhält als die Bank für ihre Kredite bekommt.
Spätestens seitdem es einige Angebote gibt, bei denen Darlehen mit Minuszinsen ausgestattet sind, stellt sich allerdings die Frage, welchen Sinn das hat. Sind Kredite ad absurdum geführt, wenn die Darlehen mit einem Negativzins ausgestattet sind?
Ganz so ist es nicht. Es steht natürlich ein bestimmter Gedanke dahinter, warum einige – wenn auch sehr wenige – Kreditinstitute den Kreditnehmern indirekt Geld gutschreiben, wenn sie sich für ein Darlehen entscheiden. Dazu muss man wissen, dass die Banken selbst schon seit geraumer Zeit für größere Guthaben, die sie auf ihrem EZB-Konto haben, eine Art Strafzins zahlen müssen. Das führt dazu, dass Kreditinstitute im übertragenen Sinne Geld lieber verschenken oder dem Kreditnehmer sogar in Form der Minuszinsen noch Zinsen gutschreiben, als zu hohe Guthaben bei der EZB zu haben, für die dann Strafzinsen gezahlt werden müssen. Es gibt aber noch weitere Gründe, warum manche Banken Darlehen mit Minuszinsen vergeben.
Kredite mit Minuszinsen meist über Kreditportale
Nur ganz wenige Banken stellen Kredite mit Minuszinsen auf dem direkten Vertriebsweg zur Verfügung, beispielsweise in der Bankfiliale oder über die eigene Webseite. Deutlich häufiger kommt es vor, dass solche Sonderangebote nur über spezielle Kreditportale zu finden sind.
Hier kommt eine weitere Intention zum Tragen, warum Kreditinstitute überhaupt dazu bereit sind, Kredite mit negativem Zins zu vergeben. So können nämlich durchaus neue Kunden angelockt werden, sodass es sich im Prinzip um eine Marketingmaßnahme handelt. Aus diesem Grund sind auch nahezu alle Kredite mit Negativzins nur für einen zeitlich befristeten Zeitraum zu beantragen.
Darüber hinaus müssen Kreditnehmer stets bestimmte Voraussetzungen erfüllen, denn die Darlehen mit negativem Zins werden in der Praxis nur einer relativ kleinen Gruppe von Kunden angeboten.
Darlehen mit Minuszins an Bedingungen geknüpft
Bevor Sie sich jetzt zu früh freuen, dass Sie bei Ihrem nächsten Kredit vielleicht eine Zinsgutschrift von fünf oder mehr Prozent erhalten, statt die üblichen Darlehenszinsen zu zahlen, möchten wir etwas näher auf die Voraussetzungen eingehen, die mit solchen Angeboten verbunden sind. Für gewöhnlich gibt es nämlich einen oder mehrere „Haken“, sodass nur ein relativ geringer Anteil aller Kreditsuchenden überhaupt die Chance hat, derartige Darlehen mit Minuszins zu nutzen.
Es handelt sich dabei insbesondere um die folgenden Bedingungen:
- Kreditbetrag maximal 2.000 Euro
- Darlehenslaufzeit ausschließlich zwölf Monate
- Kunde muss hervorragende Bonität haben
- Nur neuen Kunden zugänglich
- Sonderkonditionen über Kreditportal
Diese Voraussetzungen führen dazu, dass die Darlehen mit Minuszinsen zum einen nur für eine kleine Gruppe von Kreditsuchenden überhaupt interessant sind, nämlich für die jenen Personen, denen ein Darlehensbetrag von 1.000 oder 2.000 Euro ausreicht. Auf der anderen Seite schränken die Banken ihr Angebot insoweit selbst ein, als dass häufig nur Kunden mit einer sehr guten Bonität dieses Kreditangebot nutzen können.
Wenn Sie zu den auserwählten Kunden gehören, die tatsächlich einen Kredit mit Minuszinsen beantragen und auch erhalten, dann ist es für Sie natürlich nur von Vorteil, nicht nur keine Zinsen zahlen zu müssen, sondern einen geringeren Darlehensbetrag zurückzahlen zu müssen als Sie aufgenommen haben. Allerdings besteht das Hauptproblem tatsächlich darin, erst einmal zu diesen Kunden zu gehören oder nur einen geringen Kreditbedarf zu haben.
Wie funktionieren Darlehen mit Minuszinsen im Detail?
Beim Kredit mit Minuszinsen stellen sich die meisten Verbraucher vor, dass in diesem Fall Zinsen an den Kreditgeber gezahlt werden. Vom Grundprinzip her ist dies auch richtig, allerdings ist es nicht so, dass Sie – wie bei einer üblichen Kreditrate – Monat für Monat von der Bank Zinsen gutgeschrieben bekommen. Stattdessen ergibt sich der Minuszins daraus, dass die Darlehensschuld geringer als der nominale Kreditbetrag ist. Was dies bedeutet, möchten wir anhand des folgenden Beispiels erläutern:
- Kreditbetrag: 2.000 Euro
- Laufzeit: 12 Monate
- Minuszins: -5 %
- Darlehensschuld: 1.900 Euro
An diesem Beispiel erkennen Sie, dass der Minuszins von fünf Prozent dazu führt, dass Sie zwar einen Kreditbetrag in Höhe von 2.000 Euro ausgezahlt bekommen, innerhalb der zwölf monatlichen Raten aber nur eine Darlehensschuld von 1.900 Euro tilgen müssen.
Nicht unkritisch von Minuszinsen blenden lassen
Wie bei manch anderen Angeboten am Finanzmarkt, so ist auch bei den Darlehen mit Minuszinsen nicht zwingend alles Gold, was glänzt. Eine Einschränkung haben wir bereits beschrieben, nämlich dass in der Praxis ein vergleichsweise geringer Anteil aller Kunden überhaupt die Möglichkeit hat, solche Kredite zu erhalten bzw. für viele Kreditsuchende sind kleine Darlehenssumme von 1.000 Euro schlichtweg nicht von Interesse. Ein anderer Aspekt ist, dass manche Banken oder auch Händler, die mitunter ebenfalls Ratenzahlungsvereinbarungen mit Minuszinsen treffen, auf anderem Wege versuchen, dieses eigentliche Verlustgeschäft zu kompensieren.
Dies geschieht zum Beispiel dadurch, dass zwar keine Zinsen gezahlt werden müssen bzw. der Kreditnehmer sogar Zinsen erhält, auf der anderen Seite ist das Darlehen aber vielleicht mit zusätzlichen Gebühren belastet. Dabei muss es sich nicht zwingend um direkte Gebühren, wie zum Beispiel um am Bearbeitungsgebühr handeln. Mitunter wird der Kreditnehmer stattdessen zum Beispiel davon überzeugt, dass er eine Restschuldversicherung oder auch eine anderweitige Versicherung abschließen sollte. Aus dem Grund sollten Sie trotz der Aussicht auf ein Darlehen mit Minuszinsen stets kritisch bleiben und sich auch über die anderen Konditionen informieren, die im Zusammenhang mit dem Kredit stehen.
Darüber hinaus gehen nahezu alle Experten ohnehin davon aus, dass es die Darlehen mit Negativzinsen spätestens dann nicht mehr geben wird, wenn die Europäische Zentralbank die Leitzinsen anhebt und somit auch die allgemeinen Kreditzinsen wieder höher werden. Dann müssen die Banken nämlich voraussichtlich keine Strafzinsen mehr für Guthaben bei der EZB zahlen und ein wichtiger Grund entfällt, um überhaupt Darlehen mit Minuszinsen anzubieten.
Hinzukommt übrigens, dass derartige Angebote häufig hinsichtlich des Einsparpotenzials überschätzt werden. Wie Sie in der Beispielrechnung gesehen haben, haben Sie bei einem Darlehensbetrag von 2.000 Euro und einem Minuszins von fünf Prozent nur Zinsen in Höhe von 100 Euro gutgeschrieben bekommen. Würden Sie sich stattdessen für ein günstiges und gewöhnliches Angebot im Bereich der Ratenkredite nutzen, bei dem der Kreditzins vielleicht 1,9 Prozent beträgt, hätten Sie letztendlich in der Summe nur knapp 120 Euro an Zinsen mehr gezahlt.